Lit.Cologne, die Vierte - mein Auftakt
Baba,
18:54
... und um ein Haar wäre ich nicht hingegangen, weil Regina sich ja unbedingt von einem Virus flachlegen lassen mußte und alleine hinzugehen hatte ich überhaupt keine Lust. Aber dann siegten meine Sparsamkeit (die Karten hätte ich nicht erstattet bekommen), meine Neugier und nicht zuletzt die Tatsache, daß ich meine Mutter als Ersatz für Regina gewinnen konnte, über den bekannten inneren Schweinehund. Und es hat sich gelohnt. Nicht nur, weil bei der "Best of Britain"-Veranstaltung statt wie sonst nur einem Autor/Buch gleich drei interessante neue Autoren geboten wurden, sondern auch weil der ganze Abend sehr unterhaltsam verlief, in wirklich allerbester Lit.Cologne-Tradition. Der Moderator Bernhard Robben überzeugte mit gekonnter Conferencier-Manier und wunderbar geschliffener englischer Aussprache (ich wünschte, ich könnte jemals das "th" so wunderschön hinbekommen wie er) und es gelang ihm auch mit wenigen Sätzen das Publikum auf den ersten Autor, Adam Thirlwell, und seinen Debutroman Politics (Strategie) passend einzustimmen, ohne es zu schocken und gar abzuschrecken. Das war weiß Gott kein leichtes Unterfangen angesichts der zahlreichen detaillierten Schilderungen unterschiedlichster sexueller Praktiken und Beziehungen darin, allerdings dienen diese Beschreibungen der Ménage à Trois dem Autor ausschließlich als Vehikel für eine satirische und philosophische Betrachtung von menschlichem Verhalten und zwischenmenschlicher Kommunikation. In dem Roman wird alles aus der Sicht des omnipotenten und neutralen Erzählers geschildert - bei dem kurzen Dialog im Anschluß an die Lesung von Passagen in deutsch und englisch zwischen dem Autor (der mit einem wunderbaren klaren Oxfordakzent aufwartete) und dem Schauspieler Robert Stadlober mußte Thirlwell allerdings zugeben, daß diese Erzählweise beim lautem Vorlesen vor Publikum doch ihre ganz eigenen Tücken hatte. Oh dear, indeed :-) Als nächste war Monica Ali, die Autorin von Brick Lane an der Reihe. Die Schauspielerin Martina Gedek -der Moderator kam kaum zurande mit den zahlreichen Film- und Fernsehserien, in denen sie mitgewirkt hatte - las eine längere Passage aus der deutschen Übersetzung vor, der die Autorin selbst eine weitere, nicht ganz so lange Passage folgen ließ. Brick Lane ist ein Roman über eine Immigrantin aus Bangladesh, die, obwohl nach außen hin völlig isoliert und unterdrückt von ihrem Ehemann und gefangen in den Traditionen und der Kultur ihres Heimatlandes, durch ihre reiche Gedankenwelt und scharfe Beobachtungsgabe verblüfft und faszieniert. Dieses Buch reizt mich persönlich noch am meisten von allen drei vorgestellten Werken. Bernhard Robben fragte die Autorin noch zu ihrem Hintergrund und ihrer Beziehung zu Bangladesh und den Reaktionen auf das Buch aus, leider war aber Monica Ali durch ihren nuscheligen Londoner Akzent nicht so gut zu verstehen wie Thirlwell. Und zu guter Letzt kam die Reihe endlich an Peter Warren Finlay, alias DBC (dirty but clean) Pierre. Der tanzte doch ein bißchen aus der Reihe, da er lediglich der Abstammung nach Brite ist, aber in Mexiko und Texas aufwuchs. Auch sein Roman Vernon God Little spielt anders als die der beiden ersten Autoren in Texas und Mexiko, und die bitterböse, satirische Geschichte des Schülers Vernon Little, der für ein Massaker auf seiner High School verantwortlich gemacht und am Ende um ein Haar hingerichtet wird, fasziniert mit seinem rabenschwarzen Humor und der depressiven ätzenden Weltanschauung. Nach einer längeren Passage in deutsch vorgelesen von Christian Ulmen überraschte DBC Pierre beim vorlesen mit einer vollen, tiefen und unglaublich faszienierenden Stimme im authentisch rollendem Texas drawl. Ich hatte stellenweise echte Mühe in dem hypnotischen Klang noch den Sinn der Worte auszumachen - das kann allerdings auch an der fortgeschrittenen Stunde gelegen haben. Der Moderator jedenfalls hatte ein Einsehen und beendete den Abend kurz danach. Angesichts der unglaublich gut besuchten Veranstaltung - das Theater am Tanzbrunnen war nahezu ausverkauft - verzichtete ich auf den Erwerb eines Buches und das anschließende Anstehen in der Schlange für eine Signatur und machte mich auf den Heimweg. Bleibt anzumerken, daß ich mit meiner Mutter vermutlich einen weiteren Lit.Cologne-Fan gewonnen habe. Immerhin, kein schlechtes Fazit für den Auftakt des Festivals, jetzt bin ich schon sehr gespannt, wie es weitergeht ... ... Link (0 Kommentare) ... Comment ... Thema: Lit.Cologne
Wie Autorenlesungen (nicht) sein sollten
Baba,
13:01
Im großen und ganzen hatten Regina und ich mit unseren Autorenlesungen bei der Lit.Cologne großes Glück. Wladimir Kaminer war ein Genuß gewesen und daß Alice Sebold abgesagt hatte, fiel nach 3 anstrengenden Abenden nicht mehr so ins Gewicht und kam letztendlich auch meinem Portmonee zugute. Die zweite Lesung, David Grand mit "The disappearing body/Körperfluchten" war eher eine Enttäuschung. Das lag nicht am Autor - Gottbewahre, er war mir im Gegenteil sofort sympathisch - sondern an der Präsentation, der späten Stunde und der politisch-intellektuellen Einstellung einiger Anwesenden. Ich weiß nicht, wie es den anderen im Publikum ging, aber ich hatte eigentlich eine Lesung aus einem Kriminalroman/Thriller erwartet, zumal die Veranstaltung wie bei der LitCologne für Krimis und Thriller üblich traditionell im Polizeipräsidium stattfand. Stattdessen wurde das Buch in einer sorgfältig vorbereiteten langatmigen und nervend-cleveren Einführung von einer Spiegelredakteurin, die sich David Grand anscheinend zum persönlichen Projekt und Aushängestück erklärt hatte, so umfassend dargelegt, daß niemand auch nur den Hauch einer Chance hatte, sich seine eigene Meinung zu bilden. Selbst der Autor machte mir einen etwas überrumpelten und ratlosen Eindruck ob dieser geballten politisch orientierten Interpretation. Aus den Passagen aus "Körperfluchten" die abwechselnd vom Autor in einer sehr angenehmen, aber leider etwas monotonen Stimme in englisch, und vom einem Schauspieler wesentlich lebendiger in deutsch vorgelesen wurden, konnte ich mir nur sehr schwer ein Bild über das Buch machen - vermutlich liegt das auch an der verwickelten und verflochtenen Konstruktion des Romans. Vor allem das langatmige Kapitel über die Entlassung Viktors aus dem Gefängnis und der Fahrt zu seinem Heimatort zog sich dermassen hin, daß ich einmal kurz einnickte - jedenfalls fehlte mir plötzlich der Zusammenhang zwischen zwei Szenen. Die politischen Bezüge - in dem Buch soll offenbar die von namenlosen Politikern in den 30er Jahren erzeugte Angst vor dem Kommunismus der heutigen Angst vor dem Terrorismus in der realen Welt gegenübergestellt werden - wurden in den ausgesuchten Passagen überhaupt nicht deutlich und ich hatte eher den Eindruck, daß sehr vieles im Nachhinein krampfhaft hineininterpretiert wurde. Als nach längerer Erörterung zwischen Moderatorin, Autor und Vorleser - wenigstens der Schauspieler hatte eine erfrischend unpolitische Frage - auch das Publikum seine Fragen anbringen durfte, wurde es durch die Verständnisprobleme und endlosen Übersetzungen eher peinlich. Warum ist es so schwer zu glauben, daß ein Autor sich ein Buch aus seiner Phantasie heraus erschaffen kann und Recherche nur für das historische Umfeld betreibt? Schließlich ist Körperfluchten immer noch ein fiktiver Roman und wurde auch noch vor dem 11. September geschrieben .. Da es die beiden Bücher von David Grand im Foyer nur in deutsch zu erwerben gab, ergriffen Regina und ich dankbar die Flucht, als die Moderatorin um 23 Uhr die Veranstaltung beendete. Ich liebe signierte Bücher und hätte vielleicht auch gerne eins von David Grand gehabt, aber nicht in der deutschen Übersetzung und überhaupt hatte ich für heute die Nase voll. Und wie anders war es dann bei Jeffrey Eugenides. Die Lesung fand im Ludwig-Museum inmitten von Bruce Naumanns Fat Chance Ausstellung statt, wo wir uns beim warten auf den - diesmal pünktlichen - Beginn die Zeit mit dem Beobachten einer schwarzen Katze, diversen herumhuschenden Ratten und Motten im nächtlichen Atelier vertreiben konnten. Die Begrüßung und Einführung waren erfrischend kurz und auf dem Punkt und der Autor sofort sympathisch, als er zugab, daß er selbst nach 4 Jahren Aufenthalts in Deutschland kaum deutsch spricht, weil praktisch jeder in seiner Umgebung zu gut englisch spricht und ihm dadurch einfach keine Chance lässt es zu lernen. Die vorgelesenen Passagen machten uns sofort Appetit auf das Buch - und auch auf den ersten Band, The Virgin Suicides. Von dem Film hatte ich gehört, aber mir war nicht klar gewesen, daß das Buch von Eugenides war. Wunderbar, noch ein SUB-Kandidat ... Ich fand die Präsentation so gelungen, daß mir sogar eine Frage einfiel - ich dachte, daß die Wahl des Vornamens der/der ErzählerIn "Kalliope" noch eine übergeordnete Bedeutung hätte. Nachher stand für mich fest, daß ich das Buch signiert haben mußte, auch gegen meine sonstige Abneigung gegen gebundene Bücher. Leider hatte ich vergessen mich mit Bargeld zu versehen, aber ich schaffte es, den Veranstaltern gegen Hinterlegung meines Personalausweises ein Exemplar auf Pump abzuschwatzen und es vom Autor mit einem "To Barbara" und einem schwungvollen Namenszug versehen zu lassen. In diesem Fall war ich mit der Wahl durchaus versöhnt, irgendwie macht ein Autogramm in einer so schönen gebundenen und mit wunderschön gestaltetem Schutzumschlag ausgerüsteten Ausgabe noch viel mehr her. In den Tiefen meiner Brieftasche fand sich dann doch noch ein akzeptabler Euroscheck und ersparte mir die Suche nach dem nächsten Geldautomat. So kam ich doch noch zu meinem signierten Buch und die diesjährige Lit.Cologne zu einem angemessenem Ende für mich. Wie es wohl nächstes Jahr werden wird? Wir dürfen gespannt sein .. ... Link (0 Kommentare) ... Comment ... Thema: Lit.Cologne, Jeffrey Eugenides
Guter Anfang
Baba,
16:43
Doch es hat sich schon jetzt gelohnt - das Warten auf den Einlass - der auch noch um eine halbe Stunde verschoben wurde - im überfüllten, verrauchten Café des Gloriatheaters, mit einem Fuß in der Tür und einem Zipfel meiner Jacke im Kölschglas auf dem Tisch neben mir, und dann der noch weiter verzögerte Beginn der eh schon spät angesetzten Veranstaltung - aber Kaminer war es wert. Wer hätte gedacht, daß ein russischer Akzent so unglaublich komisch sein kann? Wir hatten mal eine Zeitlang einen deutschstämmigen Russen bei uns in der Firma beschäftigt, der den gleichen Akzent, aber nicht diesen herrlichen knappen und staubtrockenen Humor hatte. Ich habe noch nie etwas von Kaminer gelesen - und jetzt hoffe ich, daß es von ihm Hörbücher gibt. Ich kann mit den Dingern sonst nichts anfangen, aber hier wäre es ein echter Gewinn. Eine schlechte Nachricht gab es, die aber für mich auch etwas gutes hat: Alice Sebold hat abgesagt. Für mich heißt das a) wieder ein bißchen Geld im Portmonee dank erstatteter Eintrittskarte und am Sonntag einen gemütlichen Fernsehabend. Man muß immer auch das positive sehen... ... Link (0 Kommentare) ... Comment ... Thema: Lit.Cologne
Ich hab sie!
Baba,
20:32
*freu*freu*freu* 4 Karten für 4 Veranstaltungen der Lit.Cologne, dritter Teil, sind dank Regina eingeheimst und werden ab sofort an einem erprobt sicheren Ort bis zum jetzt schon entgegengefieberten letztem Märzwochenende aufbewahrt. Okok, letztes Jahr war besagter Aufbewahrungsplatz schon so sicher, daß ich das Ticket für Julian Barnes prompt dort vergass. Wie gut, daß es noch Karten gab und im Nachhinein war mir der Mann auch den doppelten Eintrittspreis wert. Diesmal, so hab ich es mir fest vorgenommen, passiert es mir nicht. Gaaaaaanz bestimmt. Hmm. Sollte ich die Dinger doch lieber in einer Art Brustbeutel solange mit mir rumschleppen? :-) Nunja, seis drum, jedenfalls kann der März jetzt kommen. Der Bauer wird die Rösser anspannen und ich werde 4 neue Autoren kennenlernen. Und meine Sammlung signierter Bücher erweitern. Das Leben kann so schön sein ... Jetzt müßte nur noch Neil Gaiman einmal eingeladen werden *träum* ... Link (0 Kommentare) ... Comment ... Thema: Lit.Cologne |
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