Ich finde es immer sehr befriedigend, wenn Erfahrungen beschrieben werden, die ich selber ganz genauso oder ähnlich gemacht habe. Und zumal bei einem so wichtigen Thema wie lesen. Anfangs fand ich es etwas verstörend, daß Francis Spufford als Kind so völlig andere Bücher las als ich, obwohl wir fast zur gleichen Zeit aufwuchsen. Aber, und das scheint eine der Hauptaussagen in "The Child that Books built" zu sein, es kommt nicht auf die Bücher an, die gelesen werden, sondern daß man überhaupt liest und das schon möglichst früh. Ganz so früh wie er fing ich zwar nicht an, eher so ein bis zwei Jahre später, dafür fing ich wiederum etwas früher als er mit "erwachsenen" Büchern an - aus purer Not, weil meine Eltern in Kairo einfach nicht genug Kinderbücher beschaffen konnten, um meine Lesewut zu stillen. Dafür habe ich Kinderbücher nie richtig aufgegeben und lese sie heute noch gerne - so gleicht sich alles wieder aus. Und wie beruhigend, daß er auch dieselben Probleme wie ich mit der Aussprache von unbekannten Wörtern hatte! Das Wort "Gentlemen" z.B. wurde von mir im Kopf immer mit deutschem G und Betonung auf der zweiten Silbe gesprochen, selbst als ich schon Englischunterricht in der Schule hatte. Und meine Mutter, die mir ab und zu Bücher von Maupassant und Simmel wegnahm, hätte es sicher sehr beruhigt zu erfahren, daß genau wie bei dem kleinen Francis unverständliche Passagen in Büchern von mir einfach zunächst ignoriert und in einer Art Zwischenspeicher aufbewahrt wurden. Manche Bücher hab ich so erst Stück für Stück dechiffriert über Jahre hinweg - und sie machten so noch viel mehr Spaß ...