PostSecret lädt ein zum staunen, schmunzeln, laut herauslachen, erschrecken, mitleiden und betroffen sein. Ich freue mich schon auf den nächsten Schwung Karten, der morgen veröffentlicht wird - immer sonntags - und wünschte, mir würde ein tiefes, schreckliches Geheimnis einfallen, das ich dahinschicken könnte ..

Warum bin ich auch so gutgläubig. Weil - nur als Beispiel - der neueste Diskworldband immer so pünktlich in meiner, naja nicht gerade Lieblings- aber doch meist frequentierten Buchhandlung zu haben ist, ging ich davon aus, daß Gaiman inzwischen auch hierzulande mindestens so bekannt ist, daß sein neuestes Werk auch da am Erscheinungstag ausliegen würde. Obwohl ich ihn bei Amazon schon Anfang September hätte beziehen können, wollte ich ihn nicht bestellen, hauptsächlich weil ich mir immer noch nicht sicher war, welche Ausgabe mir besser gefällt, die bunte (US) oder die schwarze (UK). Die bunte erschien mir zu bunt und die schwarze zu schwarz .. Und dann war am 20. September weit und breit kein Exemplar von Anansi Boys zu finden, weder in schwarz noch in bunt, und die hilfsbereite Buchhändlerin teilte mir lapidar mit, daß auch kein Einkauf des Buches geplant war. Und als ich reumütig bei Amazon bestellte, betrug die Lieferzeit schon wieder 2 Wochen ... Aaargh.
Aber Ende gut, alles gut, das Schicksal und Amazon hatte ein Einsehen und schickte mir den (bunten, weil billigeren) Band doch schon nach einer Woche. Und sooo bunt ist er doch nicht, bestimmt nicht so bunt wie der schwarze schwarz ist.
Lesen tut sich Anansi Boys irgendwie wie eine Tafel Schokolade - lecker, leicht und viiiel zu schnell vorbei. Nicht nur darin unterscheidet es sich total von American Gods, auch der Stil ist ganz anders, nicht so breit und episch angelegt, viel konzentrierter und so faszienierend und unterhaltsam wie ein Leseabend mit - naja, Neil Gaiman eben. Der Humor, zuweilen etwas makaber und auch ab und zu an Pratchett erinnernd, überwiegt immer, wenn es auch ab und an ziemlich gruselig wird. Und es schreit förmlich nach einer Fortsetzung, schon weil ich immer wieder das Gefühl hatte, daß die Geschichte der beiden Brüder noch viel mehr hergegeben hätte, wenn Gaiman neben seinen vielen anderen Projekten, seiner Tourerei und nicht zu vergessen Bloggerei vielleicht noch ein bißchen mehr zum schreiben käme .. Oh well.
Das Beste zum Schluß, weil es ganz am Anfang des Buches steht: die beste Widmung, die ich bisher in einem Buch gesehen habe und nicht nur, weil das Buch mir gewidmet ist. Doch, doch, mir persönlich - ich fühle mich auf jeden Fall angesprochen.

Man sollte keine Lieblingsbücher verleihen und tut es doch immer wieder, und das obwohl man es als chronischer Wiederleser doch besser wissen müßte - irgendwie vermisst man das betreffende Buch immer wieder schmerzlich, auch wenn man es im Moment garnicht lesen will. Es genügt, daß es nicht da ist.
So auch bei Werner Lansburghs wunderbarem, absolut einmaligem und unvergesslichem "Englischunterricht", der mir neben der aktiven Wortschatzbereicherung eigentlich erst die richtige Einstellung für diese Sprache nahebrachte. Kein Wunder, daß ich dann neulich - the other day, thank you, W - im Oxfam ein gebrauchtes Exemplar für ganze 50 Cent gleich an mich riß und im Geiste mein verliehenes Original endgültig abschrieb. Allein die Wiederlesensfreude war es mir wert. So weit so gut, aber wie das so ist beim Wiederlesen, bei mir heißt es dann unweigerlich wenn schon, denn schon, und speziell in Doosies Fall hieß das, daß auch die Fortsetzung "Wiedersehen mit Doosie" danach verlangte wiedergelesen zu werden und zwar pronto. Von dem dritten Band, "Holidays mit Doosie" ganz zu schweigen, bei dem weiß ich noch garnicht, wann ich ihn einplanen soll, denn nach der Lektüre von "Thud!" spüre ich auch hier wieder den heftigen Wunsch nach der Wiederlesung von "Guards! Guards!" und "Men at Arms". Und dann gibt es nach wie vor diesen ewigen SUB* der irgendwann mal doch abgearbeitet werden sollte ..
SIGH .. Wie dem auch sei, der zweite Band ist mir doch ziemlich nahegegangen. Für all die Ex-Doosies da draußen, die ihn nicht gelesen haben, es handelt sich dabei nicht wirklich um eine Fortsetzung bzw. 'more of the same'. Denn ging es im ersten Band meist um den Autor und seine Erfahrungen außerhalb von Deutschland, z. B. in good old England (diese göttlichen Stories von Johnny und Zachary..) und dem verhaßten, weil Exilland, Schweden, so dreht sich in der zweiten Liebesbriefsammlung alles um Deutschland - seine Begegnungen mit einigen ausgewählten Doosies von den vielen, die ihn mit Liebesbriefen, gefüllt mit Schokoladenmaikäfern und Götterspeise, überschütteten, um seine Liebe zu deutscher Seele und Pathos und Brötchen, Brötchen, Brötchen. Und bei allem Humor kommt immer wieder die Trauer und Bitterkeit zum Vorschein und je selbstironischer und zärtlich-witziger seine Beschreibungen werden, desto bestürzender wird die Lektüre. Welch ein Glück ist es da, daß Lansburgh doch noch der verdiente Erfolg beschieden war. Ich gönne es ihm vom Herzen.

Wie alle Jahre wieder ist auch der diesjährige, mittlerweile 30. Diskworld-Band wieder ein wahrer, unverfälschter und ungetrübter Genuss. Auch wenn er es nicht in meine ganz persönlichen Top Five schaffen wird - dafür ist das Thema einfach nicht packend genug - so hätte ich doch diese neue Folge aus Sam Vimes' Vita um nichts in der (Scheiben)welt missen mögen. Und genau das ist der Knackpunkt, es ist eine weitere (zugegenermassen sehr gelungene) Episode der Sam Vimes' Serie und da muß dann schon einiges passieren, um ihn von den anderen (überaus gelungenen) Bänden abzuheben.
Nichtsdestotrotz hat der Band einiges zu bieten, nicht zuletzt weil er noch intensiver als The Fifth Elephant die Geschichte und die Kultur der Diskworldzwerge erleuchtet. Und auch die Trolle gewinnen zunehmend an Profil. Und wer, so wie ich, immer wieder von neuem wissen will wie es weitergeht mit Lady Sybil, Young Sam, Nobby Nobbs und Fred Colon, Carrot und Angua, Detritus und Cheery, etc. .. der ist hier bestens bedient. Wie immer.

Noch ein Thriller von Christopher Hyde, diesmal etwas älter, aus der Zeit zwischen dem Mauerfall und dem Umsturz in der Sowjetunion. Den Teil der Handlung, in dem es um die ganzen Spionageaktivitäten der gesamten "Alphabetsoup"-Institutionen wie KGB, CIA, FBI, NSA, etc. geht, die heute kaum noch interessieren, fand ich denn auch etwas ermüdend, das alles wird aber mehr als wettgemacht durch den eigentlichen Plot: ein Killer wird angeheuert um den Präsidenten der USA mitsamt Vizepräsidenten zu ermorden und das auch noch ausgerechnet im Oval Office mitten im Weißen Haus. Die Auftraggeber sind mitnichten der KGB oder irgendwelche Terroristen aus Libyen (die sollen später nur als Sündenbock dienen), sondern eine Gruppe grauer Eminenzen der amerikanischen Politik, die sich einem unlösbarem Dilemma gegenübersehen, als bei einer halbjährlichen Untersuchung herausgefunden wird, daß der Präsident an der Creutzfeld-Jacobs-Krankheit leidet. Da die politische Einstellung des Vizepräsidenten dieser Gruppe überhaupt nicht paßt, kommen sie zu dem verhängnisvollem Schluß, daß ein Attentat auf beide zugleich die einzige Lösung ist. Und damit kommt wieder ein Auftragskiller ins Spiel, eine Figur von der Hyde total fasziniert zu sein scheint. Da ich den viel später entstandenen "The second Assassin" vor diesem Buch las, erinnert mich Eric Rhinelander natürlich an John Bone und nicht umgekehrt, tatsächlich könnte der eine die Reinkarnation des anderen sein. Rhinelander ist auch genau wie Bone dem großen Vorbild von Frederick Forsyths Day of the Jackal nachempfunden. So wie Forsyths Attentäter schafft es hier auch Rhinelander die entscheidende Lücke in dem scheinbar unüberwindlichem Wall von Sicherheitsmaßnahmen im Weißen Haus rund um den Präsidenten zu finden, getreu dem Motto je mehr Security, desto eher wird etwas übersehen ... Und am Ende kommt alles doch ganz anders als erwartet, vor allem als sich herausstellt, wer um ein Haar die Nachfolge des Präsidenten antreten sollte. Bis dahin bleibt es überaus spannend, so daß man das Buch kaum weglegen mag und am Ende fast enttäuscht ist, daß es das schon war. Wie das bei einem guten Thriller eben so ist.

Irgendwann einmal werde ich mir ein separates Regal anlegen für wirklich gelungene Bücher - Bücher, deren Grundidee oder Konzept so originell sind, daß sie mich noch lange nach dem lesen beschäftigen, deren Charaktere so überzeugend geschildert werden, daß sie einem ans Herz wachsen wie gute Freunde, kurz eben Bücher, die man immer wieder lesen kann. Auf dieses Regal gehört Audrey Niffeneggers "The Time Traveller's Wife" und wenn mir eins leidtut nach der Lektüre, dann nur daß ich es nicht schon früher gelesen habe. Die Story von dem unfreiwilligem Zeitreisenden Henry und seiner "normalen" Ehefrau Clare lässt mich auch jetzt kaum noch los. Henry ist ein CDP - Chrono-Displaced Person - der immer wieder, mit epileptischen Anfällen vergleichbar, aus seiner Gegenwart gerissen wird und sich für eine mehr oder weniger kurze Zeit irgendwo in der Zukunft oder Vergangenheit, innerhalb einer Periode von +/- 50 Jahren, wiederfindet. Zurück bleiben nur seine Kleider, da stets nur sein Körper zeitreist, was zu einigen komischen, vielen gefährlichen und letztendlich auch tragisch verlaufenden Situationen führt. Dies wirkt sich auf seine Beziehung zu Clare aus, einer Frau, der er 30 - 40jährig in ihrer Kindheit mehrmals begegnet, als er sich auf Zeitreisen immer wieder in dem Garten ihres Elternhauses wiederfindet, was zur Folge hat, daß bei ihrer ersten Begegnung in der "linearen" Zeit sie ihm völlig unbekannt ist, während er für sie schon viel mehr ist als nur ein Freund. Als sie heiraten, muß ein zeitreisender Henry aus der Zukunft einspringen, da Henry in Stresssituationen vermehrt zum zeitreisen neigt. Clare muß eine Anzahl von Fehlgeburten verkraften, die durch Henrys Zeitreisergene verursacht werden, bis er schließlich die Konsequenzen zieht und sich sterilisieren läßt. Wenig später zeugt ein Henry aus der Vergangenheit ihr einziges überlebendes Kind, die Tochter Alba, die von ihrem Vater nicht nur das Aussehen, sondern auch die Zeitreisegene erbt. Mit der Zeit werden immer mehr Freunde, Verwandte und Ärzte eingeweiht, und Alptraumsituationen, vor denen Henry sich fürchtet, erweisen sich als weit weniger schrecklich, während unvorhergesehene Zwischenfälle mitunter tragisch ausgehen. Tragisch vor allem, weil Henry bei den Zeitreisen niemals in das Geschehen eingreifen kann, alles geschieht wie es geschieht, egal wie oft und wann er anwesend ist und was er auch anstellt um es zu verhindern. Er kann weder den Unfalltod seiner Mutter noch den Selbstmord seiner Exfreundin verhindern, und schon garnicht seinen eigenen. Diese und andere Stellen gehen sehr nahe, auch - oder gerade weil? - wenn Clare nach Henrys Tod ihm noch ein paar Mal bei seinen Zeitreisen begegnet...
Alles in Allem: ein sehr empfehlenswertes Buch, nicht nur wegen der ungewöhnlichen Story, sondern vor allem wegen der Umsetzung, der komplizierte Zeitablauf wird abwechselnd aus Clares und Henrys Sicht überzeugend und packend dargestellt, und das kann wahrhaftig nicht einfach gewesen sein. Bleibt noch zu hoffen, daß dieses Erstwerk von Niffenegger nicht ihr einziger Erfolg bleiben wird..

Nicht nur bei Regina ist das Potter-Fieber inzwischen etwas abgeklungen, aber anders als sie bin ich immer noch interessiert genug, um mir den Band schon am Erscheinungstag zu holen und dann über das Wochenende in einem Rutsch auszulesen - letzteres auch, weil Band 6 erheblich besser und spannender als sein Vorgänger ist. Und sogar ein wenig dünner ... Ich war ja auf einiges gefaßt und und wurde nicht enttäuscht: das Defense of Dark Arts Teacher - Dilemma wurde wieder überaus elegant wie überraschend gelöst und auch bei Potters diesjähriger Ankunft in Hogwarts gab es eine neue überraschende Variante. Gegen Ende des Bandes gibt es aber auch Entwicklungen, die mich vermuten lassen, daß Rowling nunmehr versucht, die Serie noch vor dem 7. - und angeblich letzten - Band eine neue Richtung zu geben, weg von Hogwarts und die vorherige Einschränkung auf 7 Bücher aufzuheben. Darauf lässt auch die Identität des diesjährigen Todesfalls schließen. Dagegen ist die Auflösung, wer sich hinter dem Titel des Halbblutprinzen verbirgt, fast eine Enttäuschung ..
Und jetzt, nach beendeter Lektüre, beginnt wieder das Rätseln: wie lange wird es diesmal dauern? Dear Ms Rowling, 2 Jahre waren eigentlich schon lang genug, geht es nicht noch ein klitzeklein bißchen schneller? Please??